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Politik-Interview

Manuela Schwesig: Ministerpräsidentin unterstützt Russland-Sanktionen

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig über das Nord-Stream-Fiasko, warum sie jetzt die Russland-Sanktionen unterstützt. Und wie es jetzt energietechnisch weitergeht.

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Manuela Schwesig setzte sich für den Bau einer zweiten Leitung, Nord Stream 2, ein, um noch mehr russisches Gas zu importieren. Putins Krieg stopp- te alles. Am 14. Januar 2023 weihten Schwesig und Kanzler Scholz in Lubmin einen LNG-Hafen ein, über den Gas aus aller Welt importiert werden kann.

Frau Schwesig, Mitte Januar haben Sie gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz den neuen LNG-Flüssiggas-Hafen eingeweiht. Sind Deutschlands Gas-Versorgungsprobleme mit diesen neuen Häfen gelöst?

Die LNG-Häfen sind ein ganz wichtiger Baustein für Deutschlands Energiesicherheit in den kommenden Jahren. Es ist wichtig, dass wir viele verschiedene Versorgungsmöglichkeiten haben. Allerdings gibt es die Debatte, wo das LNG-Gas herkommt und dass es teurer ist als zuvor das russische Pipeline-Gas. Und vor Ort in Lubmin auch, welche Beeinträchtigungen mit dem Hafen für die Bevölkerung verbunden sind. Daran sieht man, dass der beste Weg zu Energieunabhängigkeit nicht der Ausbau dieser LNG-Häfen, sondern der weitere Ausbau erneuerbarer Energien ist. Unser Ziel muss es sein, dass wir uns möglichst bald vollständig aus erneuerbaren Energien versorgen können. Auch dabei werden uns die beim Bau der Ostseepipeline entstandenen drei Leitungen auf dem Festland nützen. Jetzt transportieren sie LNG-Gas, in Zukunft auch grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen.

Sie haben sich noch vor einem Jahr vehement dafür eingesetzt, dass die Nord Stream 2-Pipeline in Betrieb geht und noch mehr russisches Gas nach Deutschland fließt. Bedauern Sie das heute?

Mit meinem heutigen Wissen hätte ich das so sicher nicht gemacht. Damals gab es dafür aber klare Gründe. Wir haben ja nicht wegen Putin auf russisches Gas gesetzt. Sondern es ging uns um eine preiswerte Energieversorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft. Von dem russischen Erdgas haben Menschen und Betriebe in ganz Deutschland profitiert. Deswegen ist es auch nicht richtig, jetzt mit dem Finger auf uns zu zeigen. Wir haben durch diese Investitionen heute immerhin drei große Pipeline-Verbindungen auf dem Festland, die wir nun für LNG und künftig für Wasserstoff nutzen können und die Mecklenburg-Vorpommern zu einem Drehkreuz der Energieversorgung gemacht haben. Diese Leitungen versorgen den ganzen Osten und auch Süddeutschland. Außerdem haben wir dieselbe Linie vertreten wie die Bundesregierung, die den Bau von Nord Stream stets unterstützt hat. Die Bundesregierung hat sich noch im Sommer 2021 mit der US-Regierung unter Präsident Biden darauf verständigt. Zu dieser Verständigung gehörte auch, dass es eine Lösung für die Ukraine geben muss. Deshalb war mit Russlands Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 klar, dass Nord Stream 2 gestoppt wird und dass wir alle Sanktionen gegen Russland unterstützen.

Solche Sanktionen gab es bereits nach dem ersten russischen Überfall auf die Ukraine 2014. Sie haben diese kritisiert und Lockerungen verlangt. Wie sehen Sie das mittlerweile?

Mecklenburg-Vorpommern unterstützt die Sanktionen der Bundesregierung gegen Russland. Der russische Überfall auf die Ukraine ist eine Zeitenwende. Er bricht nicht nur Völkerrecht, Putin hat damit auch die Friedensordnung in Europa zerstört – und unseren Traum von 1989, von einem Ende des Kalten Krieges und dem Beginn eines friedlichen Miteinanders in ganz Europa. Deswegen hat sich auch für uns ganz klar der Umgang mit Russland verändert. Wir haben die Kontakte in unsere Partnerregionen nach Russland abgebrochen. Wir helfen mit Öllieferungen über den Hafen Rostock der Bundesregierung, das Ölembargo gegen Russland umzusetzen. Wir helfen mit dem LNG-Hafen in Lubmin bei der Gasversorgung. Wir helfen, indem zum Beispiel unsere Werft in Rostock jetzt Marinearsenal wird.

Die Energiekrise traf die Geldbeutel aller Bürger. Energie wurde auf einmal sehr teuer, vor allem Gas- und Stromrechnungen schossen nach oben. Die Bundesregierung hilft aktuell mit einer milliarden-teuren Gas- und Strompreisbremse. Reicht diese Maßnahme aus?

Das ist eine sehr wichtige Maßnahme, die unsere Landesregierung übrigens schon im März letzten Jahres vorgeschlagen hat. Es gibt außerdem einen Härtefall-Fonds, aus dem kleinen und mittleren Unternehmen geholfen wird, die Energiekrise zu überstehen. Wir haben die 20 Millionen, die Firmen aus Mecklenburg-Vorpommern vom Bund bekommen, aus der Landeskasse auf 50 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Außerdem unterstützen wir Schulen, Kitas und andere soziale Einrichtungen bei den Energiekosten. Es braucht darüber hinaus aber auch Hilfen für Haushalte, die mit Öl oder Holzpellets heizen, denn auch diese sind viel teurer geworden. Die Bundesregierung hat zwar auch dafür Hilfsgelder in Aussicht gestellt, will das Geld aber nur im Rahmen eines komplizierten Verfahrens ausreichen. Jeder Bürger müsste danach einen eigenen Antrag stellen, nach der die Höhe der Hilfe dann individuell berechnet wird. Wir wollen ein einfacheres Verfahren. Haushalte mit Öl- oder Pelletheizung sollten unbürokratisch mit einer Pauschale unterstützt werden. Das muss jetzt schnell kommen.

Außerdem appellieren wir natürlich an alle, möglichst Energie zu sparen. In meinem Amtszimmer, in dem dieses Interview stattfindet, haben wir übrigens auch auf 19 Grad runtergedreht. Daheim heize ich öfter mit dem Kamin als mit der Gasheizung. Und ich benutze den Wäschetrockner kaum noch.

© Yorck Maecke | SuperIllu
Die 48-jährige SPD-Politikerin ist seit 2017 Ministerpräsidentin von Mecklenburg- Vorpommern, regiert das Land mit einer Koalition aus SPD und Linken.

Müssen wir auf Dauer mit hohen Energiepreisen rechnen?

Ja. Energie wird mittelfristig sicher nicht wieder so günstig sein wie früher.

Ist die Energiewende nun erst einmal gescheitert?

Im Gegenteil. Die jetzige Situation wird den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen. Wenn wir genügend Erneuerbare haben, wird Energie auch wieder günstiger werden. Dazu müssen wir aufs Tempo drücken. Ähnlich schnell und unbürokratisch, wie wir jetzt die LNG-Häfen bauen, müssen wir auch den Ausbau der Erneuerbaren vorantreiben. Da hakt es leider oft an langwierigen Verfahren.

Gerade beim Bau von Windkraftanlagen wird es immer schwieriger, auch weil immer mehr Bürger, die im Umfeld leben, dagegen Sturm laufen. Kein Wunder, denn sie haben wirtschaftlich nichts davon. Ausgerechnet im ländlichen Raum, in dem viele Windkraftanlagen günstigen Strom produzieren, zahlen die Bürger oft besonders hohe Strompreise.

Das ist in der Tat ein Problem. Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass diejenigen, die die Belastungen durch Windparks haben, nicht auch noch die höchsten Strompreise haben. Das ist ungerecht und muss verändert werden. Es muss möglich sein, dass vorhandene Windparks ihr Umfeld zu günstigeren Preisen mit Strom versorgen dürfen, was bis jetzt nicht der Fall ist.

Corona hat ihr Bundesland ebenfalls hart getroffen. Unter anderem mussten die drei MV-Werften in Stralsund, Wismar und Rostock Insolvenz anmelden...

Ja, das war eine schwierige Situation. Uns ist es innerhalb eines Jahres gelungen, dass die Werft in Wismar von ThyssenKrupp, einem soliden Unternehmen, übernommen wurde. Die Werft in Rostock ist jetzt sogar Marinearsenal der Bundeswehr geworden. Das sichert dort über 400 Arbeitsplätze. Und in Stralsund hat die Stadt das Gelände übernommen und will daraus einen maritimen Gewerbepark mit hoffentlich vielen Arbeitsplätzen machen.

Auch der Tourismus an der Ostsee war schwer von der Corona-Pandemie betroffen. Ist die Krise nun überwunden?

Es war hart, aber wir sind dank der staatlichen Wirtschaftshilfen gut durch die Krise gekommen. Schon in der Saison 2022 lief es wieder sehr gut. Da verbuchten wir etwa 31 Millionen Übernachtungen. Das waren nur geringfügig weniger als vor der Coronakrise. Wir freuen uns auch 2023 wieder auf viele Gäste.

Es ist aber gar nicht unser Ziel, immer neue Gäste-Rekordzahlen zu erzielen. Wichtiger ist uns, dass sich die Touristen hier wohlfühlen. Wir wollen die Qualität unserer Angebote weiter steigern. Mecklenburg-Vorpommern ist immer eine Reise wert.