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© M. Handelmann | SuperIllu
Heimatliebe

Biosphärenreservate: Eine Idee wird 50 Jahre alt

Eine große, weltumspannende Idee wird 50. 1971 stieß die UNESCO das Tor für die ersten Biosphärenreservate auf. SuperIllu erklärt, warum das dort geforderte Ausbalancieren der Interessen von Mensch und Natur in Zeiten des Klimawandels dringlicher ist denn je.

Die Idee ist frisch wie am ersten Tag. Wie damals im Jahr 1971, als die UNESCO die Leitlinien für künftige Biosphärenreservate verkündete: Harmonisierung der Ansprüche von Mensch und Natur. Ein Wirtschaften, ohne die Ressourcen eines Lebensraums zu schmälern oder gar zu zerstören. Generationenübergreifende Nachhaltigkeit. Heute, da uns die Folgen des menschengemachten Klimawandels mit all ihren Schrecken, mit Fluten, Dürren oder Extremstürmen beängstigend nah auf den Leib rücken, wirken die Forderungen von damals aktueller denn je.

Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe/Mecklenburg-Vorpommern

© Michael Handelmann

Fakten

Auf rund 460 Quadratkilome- tern erstreckt sich dieses Reservat zwischen Dömitz und Boitzenburg. Es ist Teil der weit größeren Flusslandschaften Elbe, deren Auenlandschaften in fünf Elbe-Anrainerländern zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt auf insgesamt rund 400 Flusskilometern geschützt werden. Jenes länderübergreifende Biosphärenreservat erhielt 1997 die Anerkennung durch die UNESCO und zählt zu den größten Europas.

Projekte

Bildungsarbeit wird groß geschrieben, Angebote für Kinder im Vorschulalter bis zur Ausbildung von Juniorrangern (l.) gelten als vorbildlich. Letztere sind z. B. bei Pflanzaktionen im Einsatz und als Botschafter der Biosphärenidee weithin sichtbar.

Mitbringsel

Eine Leckerei aus der Chocolaterie & Café Marie, einem tollen Inklusionsprojekt des Lebens- hilfewerks Hagenow, beheimatet in Boitzenburg am Markt 11.

Ausflüge

Ein Besuch der Freiluftaus- stellung „EinFlussReich“ in Boitzen- burg; zum Sonnenuntergang rauf auf den Aussichtsturm „Elwkieker“; eine Kanufahrt auf der Sude von Gößlow nach Brömsenberg.

Anlaufpunkt

Das Infozentrum „Zeughaus“ auf der Festung Dömitz und via www.elbetal-mv.de

Nachhaltigkeit hat viele Facetten

Seit den 70er-Jahren sind weltweit über 700 dieser Biosphärenreservate entstanden, in denen es nicht nur um klassischen Naturschutz geht (wie in Nationalparks), sondern um die Balance zwischen Mensch und Natur. Das berührt Fragen der Landnutzung, des nachhaltigen Wirtschaftens, des ökologischen Bauens bis hin zur Schaffung regionaler Produktkreisläufe sowie lokaler und damit umweltschonender Arbeitsplätze. In den derzeit 16 deutschen Reservaten, vom Schwarzwald bis zum Wattenmeer und in allein vier Schutzgebieten entlang der Elbe, lebt diese Idee bis heute in aller Vielfalt. So finden sich unterschiedlichste Projekte, von denen wir hier ein paar vorstellen wollen.

Biosphärenreservat Schaalsee

© Michael Handelmann
Friedlich grasend im Bioshärenreservat Schaalsee.

Fakten

Im ehemaligen deutsch-deutschen Grenzgebiet zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern erstreckt sich das 2000 von der UNESCO anerkannte Reservat auf 32 Kilometern in Süd-Nordausrichtung vom Schaalsee bis rauf Richtung Ratzeburg. Die Region punktet mit mehr als 180 Kilometer Rad- und Wanderwegen.

Projekte

Neben klassischen Biosphären-Projekten wie der Pflege „Wilder Weiden“ sorgt man durch Nachzucht dafür, dass die beinahe ausgestorbene Edelmaräne heute wieder den Schaalsee bevölkert.

Ausflüge

Eine geführte Tour ins Kalkflachmoor – auf einem Lehrpfad gleich hinterm Infozentrum in Zarrentin; das Museum „Grenzhus“ in Schlagsdorf; ein Ausflug zum Kloster Rehna; Räucherfisch oder ein Fischbrötchen in Diana Rehbohms „Schaalsee- fischerei“ in Zarrentin genießen.

Mitbringsel

Ein schönes, von Ines Bargholz bevorzugt aus Blüten und Blumen gestaltetes Kunstwerk aus deren Atelier „Elfenschule“ in Neuenkirchen.

Anlaufpunkt

Infozentrum „Pahlhuus“ in Zarrentin bzw. www.schaalsee.de

Biosphärenreservate in ganz Deutschland

Wir beginnen im von den Kräften der letzten Eiszeit geformten Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Tausende Moore. 240 Seen. Die seltene Rotbauchunke ist hier zu Hause und nirgendwo sonst brütet der Graue Kranich in solcher Dichte. Wie überall auf der Welt ist auch dieses Reservat in drei Zonen aufgeteilt. In Zone I ist menschliche Nutzung nicht vorgesehen. Zone II, hier knapp 20 Prozent umfassend, dient dem Artenschutz. 78 Prozent der Zone III stehen sonstigen Formen der Landnutzung zu – und bieten damit die große Bühne für auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Biosphären-Projekte aller Art. So konnte seit Gründung dieses brandenburgischen Reservats im Jahre 1990 der Anteil landwirtschaftlicher Flächen, die ökologisch bewirtschaftet werden, auf knapp 45 Prozent gesteigert werden. Regionale, nachhaltig erwirtschaftete Produkte können zudem mit dem Prüfzeichen des Reservats versehen werden.

Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin

© Michael Handelmann
Einst Wasserdepot, heute Kunsttreff, Café, Aussichtsplattform: das „Biorama“-Projekt am Werbellinsee in Joachimsthal.

Fakten

1990 gegründet, erstreckt sich das Gebiet im nordöstlichen Brandenburg, vor allem in der Uckermark und im Barnim. Rund um Angermünde und Joachimsthal zählt man über 240 größere Seen, Tausende Moore und erfreut sich an ausgedehnten Wald-Auenlandschaften.

Projekte

Auf dem Werbellinsee ist der „Solar Explorer“ u. a. als „schwimmendes Klassenzimmer“ unterwegs, um den Lebensraum Wasser zu erklären. Ein anderer Schwerpunkt der Region ist das regionaltypische Bauen und Sanieren.

Ausflüge

Eine Tour in die zum UNESCO-Welterbe geadelten Buchenwälder von Grumsin; der Choriner Musiksommer; ein Ausflug in den Wildpark Schorfheide in Groß Schönebeck.

Mitbringsel

Honigprodukte, z. B. von Imker Thomas Mohaupt aus Neurochlitz, dessen Produkte natürlich das Prüfzeichen des Biosphärenreservats tragen.

Anlaufpunkt

Hoher Steinweg 5–6 in Angermünde bzw. https://www.schorfheide-chorin-biosphaerenreservat.de

Kultur und Klima schließen einander nicht aus

Uwe Graumann ist Vizechef im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und zusammen mit Vertretern umliegender Landkreise Gestalter eines weiteren Projekts, das sich dem nachhaltigen Bauen verschrieben hat. „Es ist uns wichtig“, so Graumann, „regionaltypische Baukultur - von der Bewahrung hiesiger Siedlungsformen, der Verwendung regionaler Baustoffe bis hin zur Beauftragung ortsansässiger Handwerksbetriebe - zu fördern.“ Identitätsstiftend sei das und ein Beitrag zu einer stimmigen Kulturlandschaft. Vielerorts kann man die Er-gebnisse bestaunen: liebevoll restauriertes Fachwerk, landestypische Feldsteinfassaden, historische Türen oder Stulpenfenster, vor der Tür altes Hofpflaster. Aber auch in gelungenen Neunutzungen spiegeln sich diese Ideen, wie im ehemaligen Wasserturm in Joachimsthal. Unter „Biorama“, einer Wortschöpfung aus Biosphäre und Panoramablick, ist unweit des Werbellinsees und in Regie zweier britischer Designer ein Mix aus Galerie, Café und Aussichtsplattform entstanden. „Ein touristischer Leuchtturm“, schwärmt auch Graumann.

Biosphärenreservat Südost-Rügen

© Michael Handelmann
Rauwollige Pommersche Schafe unterwegs in den Zicker Bergen.

Fakten

Das 228 Quadratkilometer große, 1991 von der UNESCO anerkannte Reservat erstreckt sich übers süd-östliche Rügen von Putbus bis auf die Halbinsel Mönchgut. Mithin spiegelt es sämtliche Lebensbereiche jenes Küstenraums wie Steilküste, Schilflandschaft oder Buchenwald.

Projekte

Auf den Trockenrasen der Zicker Berge auf Mönchgut erledigen die „Landschaftspflege“ Rauwollige Pommersche Landschafe. In den 80ern fast ausgestorben, wurden die Tiere hier erfolgreich nachgezüchtet.

Ausflüge

Ein Ausflug ab Hafen Lauterbach auf die beson- ders geschützte Insel Vilm; eine Fahrt mit der Kleinbahn „Rasender Roland“; ein Strandtag im mondänen Binz.

Mitbringsel

„Ein Tag am Meer“ nennt sich ein Atelier an der Alleestraße 7 in Putbus, wo man schöne Kunst, u. a. aus vom Meer freigegebenem Treibholz erwerben kann.

Anlaufpunkt

Infostation am Circus 1 in Putbus bzw. www.biosphaerenreservat-suedostruegen.de

Ausbildung von Nachwuchs

Andernorts ist es der nachhaltige Waldumbau (Thüringen), die ökologische Landschaftspflege durch eine regionaltypische, nachgezüchtete Schafrasse (Süd-Rügen) oder das Ausbilden von „Juniorrangern“, das sich viele Reservate auf die Fahnen geschrieben haben, um altes Ideengut in jüngeren Generationen weiterleben zu lassen.

Neues Leben haucht ein Team des Biosphärenreservats in der Oberlausitz vergessenen regionalen Getreidesorten ein. Norddeutscher Champagnerroggen oder Dickkopfweizen heißen diese und gedeihen auf immer mehr Äckern landwirtschaftlicher Partnerbetriebe. Damit nicht genug: Das Mehl des Getreides wird z.B. vom hiesigen Bäckermeister Uwe Kopke zu Roggenbrot oder Weizenvollkornbrötchen („Heidebrötchen“) verarbeitet. In seiner Landbäckerei Gerber in Förstgen sind die regionalen Spezialitäten ein Verkaufsschlager und locken, so Kopke, „Kundschaft bis aus Dresden“.

Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft

© Michael Handelmann
Weniger als 10 000 Menschen sind im Biosphärenreservat in der Oberlausitz zu Hause. Über 350 Teiche machen diese Region so einzigartig.

Fakten

30 000 Hektar zwischen Bautzen, Hoyerswerda und Niesky prägen dieses sächsische Biosphärenreservat, in dem weniger als 10 000 Menschen zu Hause sind. Dafür wuchert es aber mit mehr als 350 Teichen, mit Dünenwäldern und Mooren.

Projekte

Ein Schwerpunkt liegt auf dem Erhalt alter Getreidesorten, woraus wiederum unter anderem regional vermarktete spezielle Brötchen entstehen, die es beim Bäcker vor Ort zu kaufen gibt.

Ausflüge

Eine Wanderung entlang des Natur- lehrpfades „Guttauer Teiche“ oder auch entlang des schönen „Seeadler Rundweges“; der Heide im August beim Blühen zugucken; baden und sonnen (auch FKK, schöner Naturcampingplatz) am Olbasee; deutsch-sorbisches Lebensgefühl und viele regionale Produkte kosten auf dem zweimal pro Jahr stattfindenden Naturmarkt in Wartha; eine Brotzeit im Dorfrestaurant „Zum Eisvogel“ in Malschwitz.

Mitbringsel

Aus den wiederentdeckten Getreidesorten entsteht eine Vielzahl von Produkten, so auch ein Kornbrand auf der Basis von hiesigem Champagner- Roggen.

Anlaufpunkt

„Haus der Tausend Teiche“ in Wartha bzw. via www.biosphaerenreservat-oberlausitz.de

Schmackhafte Vielfalt

Auch bei einem anderen Projekt des Biosphärenreservats mischt Bäcker Kopke - sprichwörtlich - mit: Auf einem Modellacker unweit des Reservatszentrums „Haus der Tausend Teiche“ in Wartha wächst - unter Aufsicht und gemäß dem Motto „Vielfalt auf dem Acker“ - Backmohn. Mit der Ernte aus dem Reservat zaubert Kopke nun nicht weniger als die beste Mohnschnecke weit und breit.

Biosphärenreservat Thüringer Wald

© imago

Fakten

Die Geschichte des ältesten deutschen Reservats geht bis 1979 – damals als „Vessertal“ – zurück. Über 80 Prozent der 337 Quadratkilometer sind bewaldet, auf gut 30 Kilometer Länge kreuzt der Rennsteig. Es gibt 1 250 verschiedene Pflanzenarten – eine selbst für Thüringen extrem vielfältige Flora.

Projekte

Ein Schwerpunkt ist der Waldumbau, vor allem in Kammlagen. Die Bergfichte etwa leidet unter den Folgen des Klimawandels, unter Trockenheit, Borkenkäferbefall, auch unter Sturmschäden. Ziel der Bemühung ist es, eine stabile Mischung durch Pflan- zung von z. B. Bergahorn oder Buchen zu erreichen.

Ausflüge

Nachhaltig durch die Region reisen unter Nutzung des „Rennsteigtickets“; die 25 Kilometer des Vessertal-Rundwegs erwandern; eine Rostbratwurst, klassisch „auf die Hand“.

Mitbringsel

Handgeschnitztes oder Thüringer Glaskunst aus der Region rund um Schmiedefeld.

Anlaufpunkt

Infozentrum Schmiedefeld a. Rennsteig an der Brunnenstraße 1 bzw. www.biosphaerenreservat-thueringerwald.de