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SUPERillu
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© Christoph Köstlin | Universal Music
SuperIllu-Interview

Beatrice Egli: Die Sängerin hat das Matterhorn bezwungen

Auf ihrem neuen Album verarbeitet Beatrice Egli auch negative Erfahrungen. Mit SuperIllu sprach die Sängerin über Hass im Netz, Mobbing wegen ihrer Figur und einen großartigen Erfolg, der ihr jüngst gelang: Sie hat das Matterhorn bezwungen.

Die Schweizerin ist eine echte Frohnatur, im wahrsten Sinne des Wortes: Sie ist (fast) immer froh und liebt die Natur. Besonders die Bergwelt hat es Beatrice Egli, 33, angetan. Monatelang trainierte die Sängerin auf ihr großes Ziel hin: Die Besteigung des Matterhorns. Das Wahrzeichen der Schweiz ist mit 4478 Metern über dem Meeresspiegel einer der höchsten Berge der Alpen. Mehrfach musste die Expedition verschoben werden, doch am 19. August 2021 war es dann so weit: Beatrice Egli konnte ihr Vorhaben in die Tat umsetzen. Im Interview erzählt sie von ihrem Triumph, ihren Plänen, schlägt aber auch ernste Töne an und spricht darüber, was die bösartige Kritik über ihre Person in den sozialen Medien mit ihr macht…

Einen 4000er zu besteigen, ist ein Gefühl von Stolz und Euphorie.

Beatrice Egli
© Florence Gross | Urheberrechtlich geschützt
Hoch hinaus: Am Gipfelkreuz des Riffelhorns in den Schweizer Alpen bei Zermatt posieren Beatrice Egli und ihre Freundin Susanne

Frau Egli, wochenlang haben Ihre Fans mit Ihnen gefiebert. Nun war es endlich so weit: Am 19. August ging es für Sie aufs Matterhorn… Wie fühlt es sich an?

Ich habe es tatsächlich geschafft. Als ich morgens um 4.30 Uhr aufgebrochen bin, kam mir alles so unwirklich vor. Doch einige Stunden später stand ich wirklich ganz dort oben, durfte die unfassbare Aussicht genießen und beim ganz tiefen Ein- und Ausatmen realisieren, was ich da geschafft habe. All das Training, der Schweiß, die Tränen, die Hoffnung und die Verzweiflung haben sich letztendlich ausgezahlt! Ich kann gar nicht sagen, wie glücklich und immer noch ungläubig ich bin. Das war wirklich die Herausforderung meines Lebens. Dieses Ereignis bleibt für immer in meinem Herzen!

Zweimal musste der Aufstieg verschoben werden…

Meine Geduld wurde schon sehr gefordert. Ich stand ja bereits zwei Mal in den Startlöchern. Es hieß, es gehe los und dann ging es doch nicht los. Diese Spannung auszuhalten und im Training zu bleiben, war eine extra Challenge für mich. Aber alle anderen Frauen haben es auch geschafft, den perfekten Moment für den Aufstieg ab- zuwarten. Schon dreiundvierzig der achtundvierzig 4000er- Berge in der Schweiz sind bestiegen. Diese „100% Women Peak Challenge“ ist etwas, das mir sehr viel Energie geschenkt hat, auch durch den Zusammenhalt von allen.

Ihr neues Album heißt „Alles was du brauchst“. An wen richtet sich das Lied?

„Alles was du brauchst“ ist ein Lied, das ich auch schon oft für mich selbst gesungen habe. Ich habe darin meine Stärke gesucht und gefunden. Die Message ist: In jedem Menschen steckt viel und jeder, der sich verändern will, hat auch die Kraft dazu in sich. Jeder sollte sein, wie er sein will. Mit allen Leidenschaften und Körperformen.

War es schwierig für Sie, sich selbst anzunehmen?

Es war ein Prozess, der ist jetzt abgeschlossen. Es war ein schöner Prozess, der wichtig war. Denn so kann ich nachempfinden, wie es manchen Menschen geht. Es ist gut, wenn man im Leben spürt, dass man ganz bei sich ist und zu sich steht, an sich glaubt.

Weshalb suchen Sie die totale Herausforderung, wie jetzt am Berg?

Als der Lockdown kam, habe ich gedacht: Ich brauche ein Ziel. Bei uns Künstlern gab es ja nur einen durchgängigen Lock-down. Das war für alle eine intensive Zeit. Ich wollte wieder Boden unter den Füßen spüren. Aber es war am Anfang vielleicht etwas leichtsinnig, diese Herausforderung anzunehmen.

Warum leichtsinnig?

Weil ich nicht wusste, dass es so intensiv wird. Ich kam immer wieder an meine Grenzen, musste Ängste überwinden und wurde mit neuen Ängsten konfrontiert. Was aber extrem war, und deshalb sage ich: Ich bin mental stärker denn je. Wenn man so über Ängste gehen muss, bist du danach ein anderer Mensch. Körperlich kommt man auch ganz neu in Form. Mental ist aber das Wichtigste. Ich bin über mich hinausgewachsen und habe neue Herausforderungen angenommen. Und zwar auf einer anderen Ebene, als auf der des Berufs. Das hat mir viel gegeben. Gerade im letzten Jahr.

Sie haben schon einige 4000er bestiegen. Wie würden Sie das Gefühl beschreiben?

Es ist ein Gefühl von Stolz, von unglaublicher Befriedigung und Euphorie. Ich habe am Berg viele unglaubliche Momente mit enormen Glücksgefühlen erlebt. Oben zu sein ist toll, aber noch besser ist es, wenn du wieder gesund unten angekommen bist. Denn der Berg bedeutet auch immer einen schweren Abstieg. Und der ist am Matterhorn das Gefährlichste. Da gibt es die meisten Todesfälle. Aber wenn man zurück ist, dann will man schreien vor Glück. Gleichzeitig wird man ganz ruhig, weil man es genießen will. Es sind euphorisierende Momente, die ich sonst so nur von der Bühne kenne.

Können Sie sich selbst gut motivieren?

Ich bin diszipliniert, aber ich bin immer stärker, wenn ich nicht allein bin. Mit meiner Bergführerin zum Beispiel, meiner Personaltrainerin oder den anderen Frauen fühle ich mich noch stärker.

Es ist eine Ruhelosigkeit in mir, die ich aber auch brauche.

Beatrice Egli

Sie haben mit „Power“ ein Lied extra für Frauen geschrieben. Warum?

Weil Frauen alles schaffen können, wenn sie nur daran glauben. Es ist die Kraft, dass wir uns als Frauen gegenseitig unterstützen. Bei „Power“ ist die Botschaft die gleiche wie bei „Alles was du brauchst“: Du brauchst nicht jemanden, der mit dir tanzen geht, sondern du kannst es auch allein.

Sie sprechen auf Ihrem Album auch ernste Themen an.

Wenn ich ein Lied anfange, mit: „Du bist dumm wie ein Brot. Frau Hässlich solltest du heißen“, dann schockt das schon. Aber gleichzeitig mache ich darauf aufmerksam, wie die Realität im Netz ist. Ich finde es gut, dass ich meine Stimme nicht nur als Sängerin nutze, sondern auch auf manche Dinge aufmerksam machen kann. Es ist das erste Album, auf dem man nicht nur mit mir lachen, sondern auch weinen kann.

Wie reagieren Sie auf Mobbing im Netz?

Wenn es meinen Körper angeht, dann ist es kein Thema mehr. Mir ist es ganz egal, was die Leute schreiben. Aber wenn es persönliche Angriffe sind, geht es zu weit. Es geht generell zu weit, aber man sollte über allem stehen. Egal was alle sagen: Du bist schön, du bist einzigartig so, wie du bist. Die Menschen, die es anders sehen, sollen weiterziehen und mich in Ruhe lassen.

Sind Sie ein Vorbild für andere?

Ja, das spüre ich. Ich darf vielen Mut machen. Das kann ich aber nur, weil ich die andere Seite auch kennengelernt habe. Die Momente, in denen man zweifelt, mit sich hadert. Ich habe immer versucht, Rückschläge spielerisch leicht zu verarbeiten. Denn mit Wut zu reagieren, bringt einen nicht weiter.

Sie singen auch von Gewalt gegen Kinder.

Die Pandemie hatte viele Facetten. Und eine, die kurz aufploppte, war, dass die häusliche Gewalt stark zugenommen hat. Das hat mich sehr beschäftigt und emotional aufgewühlt. Da habe ich gemerkt, dass ich dem Thema Raum schenken will. Wenn dieses Lied nur einen einzigen Menschen dazu bringt, über seine Erlebnisse zu sprechen und Hilfe zu holen, dann hat dieses Album schon seinen Sinn erfüllt. Ich will den Menschen mit meiner Musik Kraft und Leichtigkeit schenken, aber neu ist auch, dass ich Dinge anspreche, die besser werden sollen. Das habe ich neu für mich entdeckt.

Mit was mussten Sie umgehen, was Sie geprägt hat?

Als ich 18 war, wurde mir gesagt, dass ich den Grand Prix verloren habe, weil ich zu dick sei. Damit musste ich erst lernen umzugehen. Ich habe damals gefühlt, wie Worte verletzen können. Ich musste lernen, manches anzunehmen. Nicht jeder hat eine positive Meinung von dir. Aber das macht mich nur stärker, wenn ich sage: Ja, das bin ich. Das kann ich heute.

Sie singen oft von der Liebe, möchten auf Wolke 7 fliegen. Wann fliegen Sie?

Auf der Bühne. Auch der Berg schenkt mir manchmal dieses Gefühl. Wenn es um die Liebe geht, schwebe ich nicht gerade auf Wolke 7. Die Landung ist ja auch oft unschön.

Von Helden singen Sie ebenfalls in einem Lied. Wer sind Ihre Helden?

Ich habe „Ewige Freundschaft“ für meine Freunde und Freundinnen geschrieben. Da ich gerade jetzt so dankbar bin, dass ich sie habe. Dass ich solche ehrlichen Menschen um mich habe, die mich schon seit Jahrzehnten begleiten, ist ein Geschenk.

Sie sind immer unterwegs. Werden Sie einmal im Leben ankommen?

Ich werde nie da sein, wo ich sein will. Meine Devise ist: Wenn ich geankert habe, mache ich schon wieder die Leinen los. Es ist eine Ruhelosigkeit in mir, die ich aber auch brauche. Das Leben ist zu kurz, um ankommen zu können