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© Hannibal Hanschke | Getty Images
Öl-Stadt

PCK-Raffinerie in Schwedt: Der Stolz der jungen DDR

Die Raffinerie in Schwedt war schon in der DDR ein wirtschaftliches Rückgrat. Bis heute spielt sie eine große Rolle für die Region – als Jobmotor und für die Versorgung mit Sprit und anderen Erdölprodukten.

© imago images/frontalvision.com
Im April 1964 wurden erste Anlagen in Betrieb genommen.

Aufruf zum Wiederaufbau in Schwedt

"Chemie bringt Brot, Wohlstand, Schönheit“, versprach die Losung einer Chemie-Konferenz im November 1958, die zu Schwedts Geburtsstunde wurde. Die junge DDR hinkte damals beim Wiederaufbau hinterher, es fehlte an leistungsfähiger Industrie. Nun sollte, ja musste es vorangehen. So beschloss das Präsidium aus SED-Zentralkomitee und Plankommission auf der Konferenz nicht nur die Verdopplung der Chemieproduktion bis 1965, sondern kündigte zugleich an, ein Erdölverarbeitungswerk zu errichten.

Schon Mitte der 50er-Jahre hatte der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe den Bau einer 5000 km langen Pipeline aus der Sowjetunion beschlossen. Nun endlich war klar, wo die in Westsibirien einsetzende Leitung enden würde: in Schwedt/Oder, einer kleinen, im Krieg fast völlig zerstörten Stadt im Nordosten der DDR.

Der Anschluss an die Erdölleitung sollte bis 1963 gelingen, die Produktion 1964 beginnen, so der ambitionierte Plan. Noch bei der Grundsteinlegung 1960 fehlte es vom Spaten bis zum Bauarbeiter an fast allem. Dort, wo bald ein Industriegigant stehen sollte, war ein 16 Quadratkilometer großer Wald. Doch Infrastruktur und Werk nahmen schnell Konturen an. Vor allem aus der Landesmitte folgten junge Männer dem Aufruf der FDJ, nach Schwedt zu kommen.

1960 reisten Chemiker nach Russland, um sich in Erdölverarbeitung ausbilden zu lassen. 1961 rollten über neu in den Sand verlegte Schienen Kühler, Kondensatoren, Behälter. Ein erstes Tanklager wurde fertig, ebenso eine Anlage für die Rohöldestillation. Ende 1963 ging die Erdölleitung schließlich in Betrieb. Als am 1. April 1964 die Anlagen anfuhren und ab Juli im Dauerbetrieb liefen, waren „alle glücklich, manche auch überrascht“, heißt es im Buch „Vom Vorzeigebetrieb zur Spitzenraffinerie“ (Verlag Stekovics). Russisches Erdöl wurde nun zu Vergaserkraftstoff, Diesel, Schmieröl, Heizöl und Bitumen verarbeitet.

© Kurt Schwarzer | ullstein bild
Für DDR-Verhältnisse war das PCK technisch modern ausgestattet

Aufblühen einer Stadt

Über zwei Jahrzehnte wuchs und gedieh auch die Stadt Schwedt. Bis Ende 1965 zählte man dort schon 23000 Einwohner, einige Jahre später waren es 54000. Großbäckerei, Papierfabrik, Kreiskrankenhaus, Wohngebiete, 19 Kindergärten, zwölf Schulen, neun Kaufhallen, acht Turnhallen, ein Kulturhaus wurden aus dem Boden gestampft. Mitte der 70er-Jahre galt Schwedt mit einer Bevölkerung diesseits der 30 als jüngste Stadt der DDR.

© akg-images / ddrbildarchiv.de
Unter Aufbietung aller Kräfte war es gelungen, eine Erdölraffinerie auf der grünen Wiese zu errichten

Neue Anlagen für neue Produkte

Die Raffinerie war damals der eine Teil des Werks, der chemieverarbeitende der andere. Vor allem in den 1970er-Jahren entstanden immer neue Anlagen für immer mehr Produkte. 8200 Werksarbeiter hielten alles am Laufen. Das PCK wurde zum Rohstofflieferanten für Düngemittel, Waschmittel, Polyesterfasern. Doch dem Staat war es nie genug – Konsumgüter mussten auch noch her, wie aus Polyurethan gefertigte Möbel oder Schuh- und Lederpflege.

Leistungsfähigstes Unternehmen der DDR

1989 gehörte das Werk zu den leistungsfähigsten DDR-Unternehmen, verarbeitete jährlich 10,6 Mio. Tonnen Erdöl. Ein Höchststand. Dennoch fehlten finanzielle Mittel zur Instandhaltung. Dann fiel die Mauer. Schnell wurde klar, die petrolchemischen Abteilungen sind nicht zu halten, stattdessen sollten selbstständige Betriebe daraus hervorgehen. Die Raffinerie übernahm im Juni 1990 die Treuhand. Ein Jahr später verkauft die Anstalt die PCK an deutsche Mineralölgesellschaften und ein italienisch-französisches Konsortium. 2010 stieg der russische Konzern Rosneft ein.