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Wissenschaft

Warum immer mehr Zwillinge geboren werden

Der Berliner Zwillingsforscher Dr. Andreas Busjahn erklärt, warum es mehr zweieiige als eineiige Zwillinge gibt

George Clooneys Frau Amal, Charlène von Monaco, Beyoncé, Mariah Carey, Angelina Jolie, Enie van de Meiklokjes, Sandy Meyer-Wölden – sie alle haben Zwillinge auf die Welt gebracht. Genau wie diese drei Mütter, die Sie hier mit ihrem süßen Nachwuchs sehen. In den letzten Jahren entsteht der Eindruck, dass die Zahl der Mehrlingsgeburten – speziell die von Zwillingen – deutlich zugenommen hat. Aber ist das tatsächlich so? SUPERillu sprach darüber mit Andreas Busjahn, der sich seit 15 Jahren mit Zwillingsforschung befasst.

Herr Busjahn, täuscht der Eindruck, oder kommen immer mehr Zwillinge auf die Welt?

Die Zahl der Zwillingsgeburten ist in den letzten Jahrzehnten tatsächlich gestiegen. Interessanterweise aber nicht bei den eineiigen Zwillingen, die uns deutlicher auffallen. Dass heute mehr zweieiige Zwillingspaare zur Welt kommen, hat jedoch weniger etwas mit dem Anstieg künstlicher Befruchtungen zu tun als mit dem Anstieg des Geburtsalters der Mütter. Das heißt, mit dem Lebensalter wächst die Wahrscheinlichkeit, Zwillinge zu bekommen, weil jenseits der 30 die Hormonregulation weniger gut funktioniert.

Wie viele Zwillingspaare gibt es in Deutschland und weltweit?

Grob kann man sagen, dass ein Prozent der Bevölkerung eineiige und knapp zwei Prozent zweieiige Zwillinge sind. Eine von 250 Geburten ist eine eineiige Zwillingsgeburt. Bei der Zahl gibt es kaum regionale Unterschiede. Eine zweieiige Zwillingsgeburt ist hierzulande eine von 125 Geburten. Das entspricht 1,6 Prozent der Bevölkerung. In Asien sind es nur 0,6 Prozent. In Afrika gibt es mit drei Prozent die höchste Zahl an zweieiigen Zwillingsgeburten. Bei einem Volk in Afrika, den Yoruba, sind sogar mehr als zehn Prozent der Menschen Zwillinge.

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Mariella (l.) und Matilda, 8, mit Mama Ulrike, 33. „Hurra!“ und „Oh Gott, wie sollen wir das schaffen?“ waren die ersten Gedanken von Ulrike Sanftleben aus Jena, als sie erfuhr, dass sie Zwillinge erwartet. „Das erste Jahr war schon anstrengend, aber es wurde dann immer leichter.“ Heute sind die mittlerweile alleinerziehende Mama und ihre Töchter ein echtes Dream-Team.

Wenn eine Frau unbedingt Zwillinge möchte, kann sie das irgendwie forcieren?

Ja, sie muss alt sein und viel rauchen. (lacht) Bei Raucherinnen altert nicht nur die Haut schneller, sondern der ganze Organismus. Und wie ich vorhin schon sagte: Je älter man ist, desto mehr erhöht sich die Chance einer Mehrlingsschwangerschaft. Auch eine Hormonbehandlung erhöht diese, weil dabei mehr als eine Zelle befruchtet wird. Dabei lässt sich aber schwer kontrollieren, ob es nun Zwillinge, Drillinge oder Vierlinge werden. Aber wir reden hier nur von zweieiigen Zwillingen. Bei eineiigen Zwillingen kann man nichts tun.

Kann man prozentual sagen, wie viele Zwillinge auf natürlichem Weg gezeugt wurden und wie viele auf künstlichem?

Hierzu kenne ich leider keine verlässlichen Statistiken.

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Erik (l.) und Robbie, 6, mit Mama Melanie, 33. Bei Melanie Ulrich aus Jena liegt das „Zwillingsgen“ in der Familie: Die Uroma war ein Zwilling, und ihre Oma war schwanger mit Zwillingen. Ihre beiden Jungs ähneln sich wie ein Ei dem anderen und sind doch wie Hund und Katze. 

Gibt es unter den zweieiigen Zwillingen häufiger die gleichgeschlechtlichen oder die verschiedengeschlechtlichen Pärchen?

Gleichgeschlechtliche Zwillingspaare machen etwa die Hälfte der zweieiigen Zwillingspaare aus, je ein Viertel sind dann beide weiblich bzw. beide männlich.

Weiß man eigentlich, wie eineiige Zwillinge entstehen?

Nein, kein Mensch kann sagen, warum es eineiige Zwillinge gibt. Man weiß nicht, ob und inwiefern genetische Prädispositionen oder Umwelteinflüsse bei der Teilung des Zellhaufens eine Rolle spielen. Es scheint aber eher nicht erblich zu sein, da es in der Regel nicht zu familiären Häufungen von eineiigen Zwillingen kommt – im Gegensatz zu zweieiigen Zwillingspaaren.

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Peter Sadewasser aus Prora mit den Zwillingen Josefina und Alexander (9 Jahre)

Sind sich eineiige Zwillinge auch charakterlich so ähnlich, wie sie sich äußerlich gleichen?

Eineiige Zwillinge sind sich in ihren Persönlichkeiten extrem ähnlich – auch deutlich ähnlicher als zweieiige Zwillinge. Unsere Persönlichkeit wird ja zum großen Teil durch unsere Gene beeinflusst – bei eineiigen ist diese zu 100 Prozent gleich, bei zweieiigen nur zu etwa 50 Prozent …Wichtig ist aber: Zwillinge sind sich ähnlich, aber sie sind nicht identisch. Sie sind sich in ihrem Wesen ähnlich, können sich aber in manchen Verhaltensweisen und Charakterzügen unterscheiden. Im Einzelfall auch extrem. Das heißt, die Gene sind kein Zwangskorsett. Sie definieren nur den Wirkungsbereich.

Warum ist die Zwillingsforschung eigentlich so wichtig?

Weil sie bei der Erforschung von Krankheiten hilft. Eineiige Zwillinge sehen nicht nur gleich aus, sie haben auch exakt die gleichen Erbanlagen und teilen sich viele Umwelteinflüsse wie das Familienleben. Zweieiige Zwillinge hingegen besitzen nur die Hälfte der gleichen Gene, sind aber auch in der gleichen Familie groß geworden. Wenn jetzt diese Umstände anhand der Gene von eineiigen mit den Genen der zweieiigen Zwillinge verglichen werden, dann bekommt man Informationen darüber, unter welchen Bedingungen die Gene unsere Gesundheit beeinflussen können.

Deutschlands bekannteste Zwillinge sind Lisa & Lena, 14  Jahre alt. Sie sind mit über 40 Millionen Fans die Superstars von Instagram, Musical.ly und YouTube.