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„Ja, ich habe eine Tochter“

Gojko Mitic: Der Schauspieler outet sich als Vater einer Tochter

Schauspieler Gojko Mitic hat sich erstmals als Vater geoutet. Der „Winnetou des Ostens“ hatte bislang über sein Privatleben immer den Mantel des Schweigens gelegt

Anlässlich seines 70. Geburtstages am 13. Juni offenbarte sich der „DEFA-Chefindianer“ nun gegenüber SUPERillu.

Er ist wie ein Rohdiamant. Der Schliff der Jahre hat ihm Brillanz verliehen. Gojko Mitic, gerade 70 geworden, wirkt sportlich, sympathisch, neugierig. An den „Chefindianer“ - er war mit zwölf DEFA-Indianerfilmen zum Liebling des DDR-Publikums geworden - erinnert nichts mehr. Jetzt spielt er andere Rollen, wie zuletzt in „Notruf Hafenkante“ oder bei „Commissario Brunetti“. Seit 40 Jahren ist der Serbe Berliner.

Deshalb freut er sich besonders, dass ihn endlich auch die „alte Heimat“ ehrt: mit zwei der wichtigsten Preise des Landes, der „Gebrüder-Karic“-Medaille und der „Goldenen Nadel für Diaspora“, die an verdienstvolle Serben im Ausland geht. SUPERillu hat den Schauspieler nach Belgrad begleitet.

Rückkehr nach Belgrad

Belgrad liegt zwischen Save und Donau. Auf dem Weg in die Stadt fahren wir über eine Brücke. „Beim NATO-Angriff auf Serbien standen hier Tausende Menschen, um sie zu schützen. Andere wurden zerstört“, sagt Gojko. „Dieser Krieg ist ein Verbrechen gewesen.“

Er macht aus seiner politischen Haltung keinen Hehl. In dieser Zeit starb auch seine Mutter, und er konnte sich erst ein halbes Jahr nach ihrem Tod am Grab verabschieden. Unser Hotel steht in Belgrads einstiger Prachtstraße Balkanska. Wir werden erwartet. „Mika Jelic“, macht uns Gojko bekannt.

Die Männer umarmen sich. Mika, ein alter Freund aus der Studienzeit, hat eine Gitarre dabei. „Meine?“ Mika nickt. Gojko kann es nicht fassen. „Als ich 1965 zum Drehen in die DDR fuhr, habe ich sie ihm geliehen. Jetzt kommt sie zu mir zurück. So schließen sich die Kreise.“

Den Abend verbringen wir mit serbischen Leckereien. Mika hat sich verabschiedet. Der ehemalige Ingenieur, seit einem Unfall Invalide, musste weg. Dafür gesellt sich Schauspieler Milan Beli zu uns, der sich unheimlich freut, seinen Freund wiederzusehen.

Auch er hat Sport studiert. „Milan war ein Tausendsassa“, sagt Gojko. „Alle haben ihn bestaunt, wenn er in seinen weißen Klamotten auf seinem Motorrad anrauschte.“ 1972 standen sie für „Tecumseh“ das erste Mal gemeinsam vor der Kamera - und starben zusammen. Vom Terrassenrestaurant „Dva Jelena“ haben wir die Skadarska im Blick, die älteste Futtermeile der Stadt. Seit fast 200 Jahren kommen die Belgrader her, essen, trinken, reden.

„Wir saßen früher oft hier“, erzählt Gojko. Manchmal hatte er seine Gitarre dabei. Es wurde gesungen, getanzt. „Er war der attraktivste Student in Belgrad“, lacht der sieben Jahre ältere Milan, „alle Mädchen waren auf ihn scharf.“

Acht Filme hatte Gojko als Komparse und später in größeren Rollen schon gedreht, als DEFA-Produktionsleiter Hans Mahlich und Regisseur Josef Mach 1965 bei Jugofilm sein Foto an der Wand entdecken. Sofort wussten sie: Das ist er, Häuptling Tokeiihto, derHauptdarsteller für den geplanten Film „Die Söhne der Großen Bärin“.

Wo es begann

Wir besuchen den Kalemegdan Park. Von dort hat man einen herrlichen Ausblick auf Save und Donau. Fast täglich zog Gojko als Sportstudent hier mit dem Kajak seine Trainingsrunden. Milan zeigt auf eine Brücke. „Wenn wir baden waren, ist er da raufgeklettert, 20 Meter hoch, und runtergesprungen. Die Mädels waren hin und weg.“

Gojko schaut nachdenklich aufs Wasser. Dass er mal Schauspieler sein würde, hätte er nie gedacht. Er wäre auch gern Sportlehrer gewesen. Aber er bereut nicht, dass es anders gekommen ist. „Ich empfange so viel ehrliche Zuneigung von den Menschen.

Gibt es was Schöneres?“ Und das, obwohl er 1988 das letzte Mal als Häuptling ritt. Schon oft hat er von dem Moment erzählt, der diesen Weg entschied. Wie er abmarschbereit war für den Skiurlaub, als das Telefon klingelte, er ranging und zu Jugofilm beordert wurde, weil ihn zwei Herren von der DEFA sehen wollten.

Wir bummeln über den Boulevard. Belgrad ist eine moderne Stadt, ohne die Hektik von Berlin. Gojko mag die Atmosphäre, die Freundlichkeit der Serben. Er ist gern in seiner alten Heimat. Aber zurück möchte er nicht. Ob es das Haus noch gibt, in dem er als Student gewohnt hat? - Nach einer Irrfahrt durch enge Straßen finden wir die Villa.

Als ob Manitu seine Hand im Spiel hätte: Wir treffen Stevan. „Ich fasse es nicht!“, lacht Gojko. „Er ist der Sohn meines damaligen Vermieters und war ein Junge, als ich wegging.“ Stevan wischt sich Tränen aus den Augen.

Mit Händen und Füßen rudernd erzählt er, wie Gojko ihn einmal aus der Save gerettet hat. Und von den Mädchen, die manchmal kamen. „Sie haben sich auf dem Hof gesonnt, ich bin rot geworden, wenn sie mich ansahen“, sagt er fast verschämt.

Offenbarung über seine Familie

Die Richtige war nicht dabei. Manitu hatte erst mal anderes mit Gojko vor. Er drehte einen Film nach dem anderen, spielte Theater. Es war ein umtriebiges Leben. „Ich hatte gar keine Zeit, eine Frau so kennenzulernen, dass ich mit ihr leben wollte.“ Und ob sie das mitgemacht hätte? Vor der Abreise besuchen wir Trojan Strankovic. Er wuchs mit Gojko auf, nennt ihn „Milchbruder“.

„Meine Mutter konnte mich nicht stillen, das hat seine gemacht“, erzählt der ehemalige Diplomat. Lachend plaudert er aus, dass alle Jungs im Dorf Gojko um seine Badehosen beneidet haben. „Er hat sie selbst genäht, auf der Tretmaschine seiner Oma.“ - „Dafür habe ich aber auch Ärger bekommen, weil Omas Garn verbraucht war, wenn sie nähen wollte.“ Die „Brüder“ sind glücklich. Zuletzt hatten sie sich 1967 auf Trojans Hochzeit gesehen. „Ich habe die beiden in meinem Citroën zum Standesamt gefahren“, erinnert er sich. Ob Gojko in Berlin Familie hat, will Trojans Frau wissen.

Zum ersten Mal offenbart sich der sonst in dem Punkt Schweigsame. „Ja, ich habe eine Tochter“,sagt er. „Nathalie wird in diesem Jahr schon 18.“ Und er erzählt, dass sie gern reitet, Abitur macht und studieren will. Und er erzählt von seinen Plänen. „Ich werde mein altes Haus jetzt abreißen und mir ein neues bauen, mit Fußbodenheizung.“ Er lacht. „Die Frauen haben immer schnell kalte Füße ...“